Mieterhöhung trotz Mängel!

Sachverhalt:

Ein Mieter (Konfliktpartner 1) bewohnt seit mehreren Jahren eine Mietwohnung aus den 90er-Jahren im Norden Deutschlands, wo das Klima oftmals sehr rau ist. Vor allem in der kalten Jahreszeit kann er seine beiden Schlafzimmer kaum nutzen, da es schlichtweg zu kalt und feucht darin ist. Die Dämmung des Hauses scheint nicht ausreichend und auch die undichten Fenster lassen immer wieder Wasser eintreten. Darüber hat der Mieter (Konfliktpartner 1) seinen Vermieter (Konfliktpartner 2) bereits mehrmals schriftlich informiert und um Abhilfe gebeten. Der Vermieter hat immer wieder Reparaturen zugesagt, die jedoch schlussendlich nicht stattgefunden haben.

KP1:        Mieter        KP2:       Vermieter

Verlauf der Mediation:

Die Mediatorin kontaktiert jeweils KP1 und KP2 telefonisch und hört sich beide Seiten der Angelegenheit an. Schnell erkennt sie: Die Fronten sind verhärtet, denn der Mieter (KP1) ist maßlos enttäuscht von seinem Vermieter (KP2). Das Vertrauen ist zerrüttet und der KP1 erwägt auch einen Anwalt einzuschalten, um nicht nur die Mieterhöhung nicht zu zahlen, sondern auch eine Mietminderung durchzusetzen, da sich die Wohnung in einem Zustand befindet, den Mietvertrag nicht entspricht. Der KP2 wiederum versteht die Aufregung des KP1 keineswegs und sieht keinen Handlungsbedarf. Außerdem sei die Mieterhöhung vertraglich vereinbart. Dazu kommt, dass beide Herren sehr zeitintensiven Berufen nachgehen: Der eine arbeitet bei einem großen Automobilzulieferer und ist weltweit unterwegs, der andere ist Geschäftsführer eines Unternehmens und verreist auch privat gerne. Die Medianden sind also schlecht erreichbar und dementsprechend schleppend gehen die Gespräche voran.

Die Mediatorin schlägt daher eine Präsenzmediation vor, die einen Monat nach Beginn der Fallbearbeitung stattfindet.

Die Medianden treffen sich mit der Mediatorin an einem Tisch und sprechen sich aus. Es geht vor allem um die Enttäuschung des KP1. Er erklärt, dass ihn die Mieterhöhung sehr getroffen hat, da er immer wieder bezüglich der Reparaturen vertröstet worden ist. Er schildert, dass er die im Indexmietvertrag vereinbarte Mieterhöhung anstandslos zahlen wird, dafür im Gegenzug aber auch ein Mietobjekt bewohnen möchte, das sich im vertraglich vereinbarten Zustand befindet. Die offenen Worte des KP1, ermöglichen es dem KP2 erstmals, die Situation aus der Perspektive seines Mieters zu sehen. Die Reaktion des KP1 auf den Brief mit der Mieterhöhung kann er nun nachvollziehen und ist zu einer Einigung bereit.

Ergebnis:

Der KP1 schlägt vor, zunächst keine Mieterhöhung zu zahlen, solange die Fenster nicht repariert sind. Die Medianden vereinbaren ein Datum, zu dem die Reparatur spätestens durchgeführt sein soll. KP1 und KP2 halten ihre Vereinbarung schriftlich fest.

Nach ein paar Wochen erfährt die Mediatorin, dass die Fenster wie vereinbart repariert worden sind, was das Vertrauen des KP1 zum KP2 stärkt. Eine neue Dämmung der Wohnung soll in den kommenden Monaten noch stattfinden.

Kommentar:

Der Präsenztermin hat den KP2 zum Umdenken angeregt. Der Kern dieses Umdenken war der Perspektivwechsel, den die Mediatorin durch Ihre Arbeit eingeleitet hat: Zunächst hat der KP2 die Anfragen seines Mieters als nicht dringlich eingeordnet. Erst durch die persönlichen Schilderungen des KP1 hat er dessen Interessen verstanden und ihm den Handlungsbedarf aufgezeigt.